Baureihe 490

Von den dreiteiligen Triebzügen der Baureihe 490 wurden zwischen 2016 und 2021 insgesamt 82 Einheiten von Bombardier gebaut. 64 weitere Einheiten sollen in den Jahren 2023 und 2024 gebaut werden.

Die ursprünglich 60 Züge sollen die 52 Altbauzüge der Baureihe 472/473 ersetzen und die Fahrzeugreserven erhöhen. Mit der zusätzlichen Bestellung von 22 Fahrzeugen können die Kurzzugeinsätze auf der Linien S11 und S2 beendet und alle Züge der S3 zur Hauptverkehrszeit zu Langzügen verstärkt werden. Im März 2021 wurde bekannt, dass 64 zusätzliche Mehrsystemzüge für die Linien S4, S21 und S32 bestellt werden sollen. Die Auslieferung soll in den Jahren 2025 und 2026 erfolgen.

Die Fahrzeuge werden als Einsystem- (BR 490.1) und Mehrsystemzüge (BR 490.2) ausgeliefert und wie folgt nummeriert:

BaureiheAnzahlFahrzeugnummernWagennummernTz-Nummern
490.151A-Wagen: 0490 001 – 051
C-Wagen: 1490 001 – 051
B-Wagen: 0490 501 – 551
9001 – 9051
6001 – 6051
9501 – 9551
9001 – 9051
490.231A-Wagen: 0490 100 – 130
C-Wagen: 1490 100 – 130
B-Wagen: 0490 600 – 630
9100 – 9130
6100 – 6130
9600 – 9630
9100 – 9130
490.2
mit ETCS
ab Werk
64A-Wagen: 0490 131 – 195
C-Wagen: 1490 131 – 195
B-Wagen: 0490 631 – 695
9131 – 9195
6131 – 6195
9631 – 9695
9131 – 9195

Entwicklung und Inbetriebnahme

Im Juni 2013 erhielt Bombardier den Auftrag zur Fertigung von 60 Fahrzeugen der Baureihe 490, wovon zunächst nur vier, nach einer Umbestellung 31 als Zweisystemfahrzeuge gebaut werden sollten. Der Testbetrieb mit acht Vorserienzügen (3x 490.1, 5x 490.2) sollte im Jahr 2016 beginnen.

Die Züge der Baureihe 490 sollen sowohl im Netz der Hamburger Gleichstrom-S-Bahn als auch im Wechselstromnetz, wie der S3 nach Stade oder der geplanten S21 nach Kaltenkirchen, eingesetzt werden können. Um aufwändige Umrüstungen zu vermeiden, wurde das Fahrzeug von vorn herein als Mehrsystemzug entwickelt, wobei die Einsystemzüge schlichtweg die Wechselstromausrüstung nicht besitzen, aber für dessen Nachrüstung vorbereitet sind. Die Einsystemzüge können nur im Netz der Gleichstrom-S-Bahn eingesetzt werden.

Am 16. Juni 2014 wurde im S-Bahn-Werk Ohlsdorf ein 1:1-Modell („Mock-up“) eines Endwagens vorgestellt. Etwa zwei Jahre später, am 10. Oktober 2016 fand zwecks Probefahrten der erste fertige Zug den Weg in die Hansestadt. Es handelte sich hierbei um das Mehrsystemfahrzeug 9100, welches drei Abende und Nächte lang im Netz getestet wurde. Weitere Probefahrten mit Ein- und Mehrsystemfahrzeugen, zunächst einzeln und später in Doppeltraktion folgten.

490 104 gehört zu einen der Vorserienzüge, die regelmäßig für DB Systemtechnik Minden Probe- bzw. Messfahrten unternahmen. Am 10. April 2019 ging es für Probefahrten von Minden über Harburg nach Hamburg.

Anfang Mai 2018 wurden die Einheiten 9006 und 9007 nach Hamburg überführt, mit ihnen begann am 24. Mai 2018 der Fahrgastbetrieb. Zum Beginn des neuen Verkehrsvertrags am 9. Dezember 2018 standen statt der 60 bestellten Fahrzeuge nur 20 Züge dem Betrieb zur Verfügung. Die Marke von 60 abgenommenen Fahrzeugen wurde erst im Februar 2020 erreicht.

Seit dem 16. September 2019 verkehrt erstmals planmäßig ein 490-Umlauf auf der Linie S3, auch im Wechselstromabschnitt Neugraben – Stade mit Fahrgästen. Zwei Fahrten werden planmäßig als Langzüge gefahren. Mit diesem Tag wurden folglich erstmals Fahrgastfahrten unter Fahrdraht und als Langzug auf dem Gleichstromabschnitt durchgeführt. Später im Jahr kam ein zweiter Umlauf hinzu. Im Fahrplanjahr 2021 kommen nahezu alle Zweisystemzüge der Baureihe 490 auf der S3 zum Einsatz, sodass 9 Neubau-Umläufe zustande kommen. Dadurch werden etwas mehr als 40% aller Fahrten planmäßig mit Neubaufahrzeugen geleistet.

Mitte Februar 2021 ging mit 490 051 das vorerst letzte Fahrzeug in Betrieb. Die Beschaffung ist damit zunächst abgeschlossen. Am 11. März 2021 wurde bekannt, dass die Stadt Hamburg für die Projekte S4, S21 und S32 die bestehende Option auf 64 weitere Fahrzeuge in Form von Zweisystemzügen eingelöst werden soll. Die Auslieferung ist für die Jahre 2025 und 2026 geplant.

Technisches

Die Fahrzeuge der Baureihe 490 bestehen aus drei betrieblich nicht trennbaren Wagen, welche mit Kurzkupplungen miteinander verbunden sind. Es können bis zu drei Einheiten miteinander gekuppelt werden. Jeder Zug ist 66 Meter lang und bietet 190 Sitz- und bis zu 301 Stehplätze. Bemerkenswert ist die Ausstattung fast aller Sitze mit Armlehnen, wo diese in den Zügen der BR 474.1 beim Redesign ausgebaut wurden.

Die acht Drehstrom-Asynchronmotoren mit einer Dauerleistung von 170 kW können die Fahrzeuge der Baureihe 490.1 auf 100 km/h, die der Baureihe 490.2 auf 140 km/h beschleunigen. Dabei wird eine maximale Beschleunigung von 1,0 m/s² erreicht. Von den sechs Drehgestellen sind die beiden außenliegenden Laufdrehgestelle, die vier mittigen Drehgestelle sind Triebdrehgestelle.

Die Stromaufnahme erfolgt über vier Seitenstromabnehmer pro Fahrzeug, die Mehrsystemfahrzeuge besitzen auf dem Mittelwagen zusätzlich einen Dachstromabnehmer.

Die Züge der Baureihe 490 besitzen nicht nur Stromabnehmer für die Hamburger Stromschiene, sondern auch fürs 15kV-Netz. 490 125 hat den Hp Fischbek verlassen und fährt dem Sonnenuntergang entgegen.

Im Normalbetrieb wird das Fahrzeug durch eine elekrodynamischen Bremse, welche auf die Triebradsätze wirkt, abgebremst. Diese wird kurz vor Stillstand durch eine elektropneumatische direkte Bremse abgelöst. Dazu kommen eine indirekte Druckluftbremse, die auf alle Radsätze wirkt und eine Magnetschienenbremse an den Laufdrehgestellen.

Jeder Wagen besitzt pro Seite drei Außenschwenkschiebetüren, die Führerräume besitzen eine Außentür pro Fahrzeugseite, sowie eine Tür in den Fahrgastraum. Alle drei Wagen sind durchgängig begehbar und nach den Vorgaben des HVV und der DB-Corporate Design-Richtlinien gestaltet worden. Es dominiert die farbe silber/grau, die Türen sind innen rot. Die Sitzbezüge sind DB Regio-blau. Die Züge sind mit Klimaanlagen für Führer- und Fahrgastraum ausgestattet. An jedem Fahrzeugende befindet sich ein Mehrzweckabteil, welches zusätzlich zwei Sprechstellen für Rollstuhlfahrer umfasst.

Die Fahrgastinformation erfolgt über digitale Zugzielanzeigen an der Fahrzeugfront und an der Fahrzeugseite sowie über Monitore und LED-Anzeigen im Innenraum, welche die nächsten drei Stationen anzeigen. Die Front-Zugzielanzeigen zeigen seit 2019 die Linie nicht mehr farbig an. Die Seitenanzeigen stellen die Linie weiterhin farbig dar, und zeigen das Ziel ein- bis zweizeilig an („S21 | Elbgaustraße via Dammtor“) Auf den Monitoren wird das von der U-Bahn bekannte gemeinsame Programm des Fahrgastfernsehens gezeigt. Technisch möglich ist außerdem die Einblendung eines Tickers bei Störungen, hiervon wurde bislang aber kein Gebrauch gemacht.

Die Züge sind mit Spurkranzschmierung und Sandstreuanlagen ausgestattet.

Die 64 zusätzlichen Fahrzeuge, welche bis Mai 2021 bestellt werden sollen, sollen mit einem zusätzlichen Mehrzweckabteil im Mittelwagen ausgestattet werden, der Rest der Flotte soll diese nachträglich bekommen. Außerdem sollen die Züge ab Werk mit Technik für ETCS (European Train Control System) und ATO (Automatic Train Operation) ausgerüstet werden. Diese Technik wird seit 2020 im Rahmen eines Projekts für den ITS-Verkehrskongress in vier Triebzügen der Baureihe 474 zwischen Berliner Tor und Aumühle erprobt. Dabei wird die Fahrt vollautomatisch durchgeführt, der Triebfahrzeugführer löst nur den Start des Fahrzeugs aus und ist ggf. für die Türsteuerung zuständig. Bei Bedarf kann er „von Hand“ fahren.

Einschränkungen in der Anfangszeit

Seit der Inbetriebnahme der Züge entsprechen die Züge nicht der vorigen Beschreibung. Die elektrodynamische Bremse darf nicht eingesetzt werden, die zulässige Höchstgeschwindigkeit betrug zum Betriebsstart daher nur 80 km/h. Diese konnte bislang auf 95 km/h angehoben werden. Diese Beschränkungen betreffen auch die Mehrsystemfahrzeuge.

Die niedrigere Höchstgeschwindigkeit und häufige Türstörungen führten zu einem deutlich instabileren Betrieb der Linie S21 in den ersten Betriebsmonaten.

Da die Fahrpläne der Linie S3 zwischen Neugraben und Stade nur auf die maximal 100 km/h fahrenden Züge der Baureihe 474.3 ausgelegt sind, fällt die Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h auf 95 km/h hier nicht ins Gewicht.

Im Oktober 2020 wurde die ED-Bremse erstmals eingeschaltet und die Bregrenzung der Höchstgeschwindigkeit aufgehoben, dieser Schritt musste aufgrund von Störungen aber binnen weniger Tage wieder rückgängig gemacht werden. Seit einem Update der Bremssoftware Ende November 2020 sind die Beschränkungen wieder aufgehoben. Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 dürfen die Züge im S3-Wechselstromabschnitt ihre Höchstgeschwindigkeit von 140km/h erstmals mit Fahrgästen ausfahren, die Fahrzeiten ändern sich jedoch nicht.

Einsatz heute

Die Züge der Baureihe 490 werden im Fahrplanjahr 2024 wie folgt eingesetzt:

LinieEinsatz
.S1.kein Einsatz
.S2.kein Einsatz
.S3.planmäßiger Einsatz…
– …montags bis freitags von Betriebsbeginn bis ca. 19 Uhr als Langzug
– …in den übrigen Zeiten als Vollzug
.S5.Einsatz der Mehrsystemzüge als Vollzug (BR 490.2)

Zunächst wurden die Linien S21 und S2 auf die neue Baureihe 490 umgestellt. Seit September 2019 verkehrt ein Zug auf der S3. Die Linie S31 wurde zwischen November 2019 und Sommer 2020 schrittweise auf Neufahrzeuge umgestellt. Darauf folgen weitere Umläufe auf der S3. Seit dem Fahrplanjahr 2021 kommen die 490.2 planmäßig auf der Linie S3 zum Einsatz (9 Umläufe, 27 von 31 Tz) und erstmals wird ein Neubauzug auch auf der S11 eingesetzt. Um dies zu ermöglichen, werden nun wieder ältere Fahrzeuge der Baureihe 474 auf der S2 eingesetzt. Im Fahrplanjahr 2022 sank die Anzahl an Umläufen mit dem ET 490 auf der S2 auf 1.

Durch das neue Liniennetz im Dezember 2023 hat sich der Einsatz der Fahrzeuge abermals verändert. Seitdem verkehren die Mehrsystemzüge ausschließlich auf der Linie S5 zwischen Stade und Elbgaustraße. Damit die neue Linie S3 Neugraben – Pinneberg mit Langzügen verkehren kann, ist die Baureihe 490 planmäßig nicht mehr auf der Strecke nach Aumühle im Einsatz.

Letzte Aktualisierung: 08.12.2023