„U-Bahn100“: HOCHBAHN stellt Pläne für halbautomatischen Betrieb vor

Unter dem Projektnamen „U-Bahn100“ stellte die HOCHBAHN heute ihre Pläne für einen halbautomatischen Betrieb auf den Linien U2 und U4 vor. Mit der neuen Technik soll künftig alle 100 Sekunden ein Zug fahren können. DT5 Online fasst alle wichtigen Informationen rund um das Projekt zusammen.

Warum braucht es einen halbautomatischen Betrieb?

Mit 90.000 Fahrgästen täglich ist der Streckenabschnitt zwischen Berliner Tor und Burgstraße hoch frequentiert. Mit der Eröffnung der U4-Neubaustrecke in die Horner Geest werden nochmals mehr Fahrgäste dazu kommen. Da mit der heutigen Technik nur vier Züge pro 10 Minuten fahren können, wäre die Kapazitätsgrenze daher bald erreicht.

Um mehr Züge auf der selben Strecke fahren lassen zu können, wird ein halbautomatischer Betrieb eingeführt. Damit können dann ab 2026 auf dem von den Linien U2 und U4 gemeinsam genutzten Streckenabschnitt sechs Züge pro 10 Minuten fahren. Das entspricht einer Steigerung um 50% – bezogen auf das heutige Fahrtenangebot von drei Zügen pro 10 Minuten sogar einer Verdoppelung.

Welche Technik kommt zum Einsatz?

Es wird ein sogenanntes CBTC-System eingeführt. Die Abkürzung CBTC steht für „Communication-Based Train Control“ und bezeichnet Systeme zur Zugbeeinflussung und Sicherung von Zugfahrten. Die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Streckenausrüstung findet hierbei in beiden Richtungen statt. Eine präzise Gleisfreimeldung ermöglicht es, im wandernden Raumabstand zu fahren („moving block“). Durch den Verzicht auf feste Streckenblöcke können Züge so dichter aufeinander auffahren und die Zugfolge damit erhöht werden. CBTC-Systeme kommen heute bereits weltweit bei modernen U-Bahn-Systemen zum Einsatz.

In Hamburg soll mittels CBTC zunächst der Automatisierungsgrad „GoA2“ erreicht werden. Der Zugfahrer bleibt weiterhin an Bord und löst die Abfahrt aus. Außerdem ist der Fahrer auch für die Türsteuerung zuständig. Die Fahrt selbst wird von der Abfahrt bis zum Stillstand vollautomatisch durchgeführt, wobei der Fahrer die Verantwortung behält und jederzeit in die Steuerung eingreifen kann.

Die Streckenausrüstung und Stellwerkstechnik liefert die Firma Siemens. Zum Einsatz kommt das System Siemens Trainguard MT, das schon in der Praxis erprobt ist: Es ist z.B. in New York, London, Paris, Wien und Kopenhagen im Einsatz. Sechs Stellwerke entlang der Strecke müssen hochgerüstet werden.

Im ersten Schritt wird seit September 2022 das bestehende Testgleis zwischen Farmsen und Berne mit der neuen Technik ausgerüstet. Aktuell sind bereits Eurobalisen, Achszähler zur Gleisfreimeldung (wohl Clearguard ACM) und Funksendemasten für CBTC zu erkennen. An der Bekassinenau entsteht das Test-Stellwerk. Das System Trainguard MT kommt grundsätzlich ohne Gleisfreimeldeeinrichtungen aus, doch sind diese für einen Mischbetrieb mit Fahrzeugen ohne CBTC-Ausrüstung unerlässlich.

Eurobalise für CBTC im Testgleis

Achszähler für CBTC im Testgleis

Funkmast am Testgleis

Stellwerk an der Bekassinenau

Die Fahrzeuge erhalten die notwendige Fahrzeugausrüstung durch ihren Hersteller Alstom. Der Umbau eines Fahrzeugs soll voraussichtlich drei Wochen dauern. Die Hochrüstung erfolgt strecken- wie auch fahrzeugseitig nur „on top“, sodass ein Mischbetrieb mit nicht ausgerüsteten Fahrzeugen möglich bleibt.

Welche Fahrzeuge werden ausgestattet?

Zunächst werden sechs Probefahrzeuge vom Typ DT5 mit CBTC-Technik ausgestattet und bis Ende 2023 getestet und in Betrieb genommen. In den Jahren 2024 bis 2027 wird Alstom die 157 weiteren Fahrzeuge bei sich in Salzgitter hochrüsten. Ab Herbst 2027 sollen dann alle 163 DT5-Fahrzeuge CBTC-Technik besitzen.

Die ausgeschriebenen Neufahrzeuge vom Typ DT6 erhalten eine entsprechende Ausrüstung ab Werk. Eine Ausrüstung der bereits heute bis zu 35 Jahre alten DT4-Fahrzeuge soll aus wirtschaftlichen Gründen nicht erfolgen.

Welche Streckenabschnitte erhalten CBTC?

Im Rahmen des Projekts U-Bahn100 soll der halbautomatische Betrieb über CBTC auf folgenden Streckenabschnitten realisiert werden:

  • .U2. zwischen Christuskirche – Mümmelmannsberg
  • .U4. zwischen Elbbrücken – Jungfernstieg – Horner Geest

Auf der Linie U1 ist derzeit keine Hochrüstung auf CBTC in Planung, die bestehenden Kapazitäten seien ausreichend. Eine Untersuchung für Kapazitätsausweitungen auf der Linie U3 läuft derzeit. Auf Nachfrage erklärte die HOCHBAHN, dass hier allerdings erst 3 Züge pro 10 Minuten fahren, und die Priorität aktuell auf den Linien U2 und U4 läge. Im Rahmen der Untersuchungen werde auch geprüft, die teilweise nur 90 Meter langen Bahnsteige auf der Ringlinie auf 120 Meter zu verlängern.

Was kostet die Digitalisierung des U-Bahn-Betriebs?

Die Kosten für das Projekt U-Bahn100 werden mit 200 Millionen Euro angegeben. Durch eine Gesetzesänderung kann hier eine Förderung des Bundes über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (kurz GVFG) beantragt werden.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Anfang 2022 wurden die entsprechenden Aufträge an die Firmen Alstom und Siemens vergeben. Seit September 2022 wird das Testgleis zwischen Farmsen und Berne mit der neuen Technik ausgerüstet, seit Oktober 2022 erfolgt die Ausstattung der ersten DT5-Fahrzeuge. Im Frühjahr 2023 sollen erste Probefahrten auf dem Testgleis starten, in 2024 der Serienumbau.

Zeitplan für die CBTC-Inbetriebnahme (zum Vergrößern klicken)

Mit der Inbetriebnahme der U4-Verlängerung im Osten Hamburgs im Jahr 2026 soll CBTC zwischen Christuskirche und Billstedt sowie zwischen Elbbrücken und Horner Geest in Betrieb genommen werden. Wie oben erwähnt soll die Hochrüstung der DT5-Flotte bis Herbst 2027 abgeschlossen sein. Der Abschnitt Horner Rennbahn – Billstedt folgt bis Ende 2028 und der letzte Abschnitt bis Mümmelmannsberg bis Ende 2029. Der Westast der Linie U2 soll im Anschluss hochgerüstet werden, da CBTC dort für die Realisierung des 100 Sekunden-Taktes auf Ostast nicht erforderlich ist.