U-Bahn100: Demo am Simulator

Ab Ende 2026 soll die U4 zwischen Elbbrücken und Jungfernstieg halbautomatisch fahren – das heißt: Der Fahrer überwacht nur noch die Fahrt. Für die Sicherheit und den Fahrgastwechsel bleibt er jedoch weiter verantwortlich. Im Rahmen eines UITP Technical Visits präsentierte die HOCHBAHN das Projekt „U-Bahn100“ heute an den Elbbrücken den Fachbesuchern.

Warum braucht es einen halbautomatischen Betrieb?

Mit 90.000 Fahrgästen täglich ist der Streckenabschnitt zwischen Berliner Tor und Burgstraße hoch frequentiert. Mit der Eröffnung der U4-Neubaustrecke in die Horner Geest im Jahr 2027 werden nochmals mehr Fahrgäste dazu kommen. Da mit der heutigen Technik nur vier Züge pro 10 Minuten und Richtung fahren können, wäre die Kapazitätsgrenze daher bald erreicht.

Um mehr Züge auf der selben Strecke fahren lassen zu können, wird ein halbautomatischer Betrieb eingeführt. Damit können dann ab 2027 auf dem von den Linien U2 und U4 gemeinsam genutzten Streckenabschnitt sechs Züge pro 10 Minuten fahren. Das entspricht einer Steigerung um 50% – bezogen auf das heutige Fahrtenangebot von drei Zügen pro 10 Minuten sogar einer Verdoppelung.

Künftig sollen auf der Linie U2 zwischen (Christuskirche / Schlump -) Jungfernstieg und Billstedt vier Züge pro 10 Minuten verkehren können, drei davon weiter bis Mümmelmannsberg. Dazu kommen zwei Züge der Linie U4 zwischen (Elbbrücken / HafenCity Universität -) Jungfernstieg und Horner Geest. Ob und wann diese Takte später wirklich gefahren werden, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Wie wird der halbautomatische Betrieb realisiert?

Es wird ein sogenanntes CBTC-System eingeführt. Die Abkürzung CBTC steht für „Communication-Based Train Control“ und bezeichnet Systeme zur Zugbeeinflussung und Sicherung von Zugfahrten. Die Kommunikation zwischen Fahrzeug und Streckenausrüstung findet hierbei in beiden Richtungen statt. Eine präzise Gleisfreimeldung ermöglicht es, im wandernden Raumabstand zu fahren („moving block“). Durch den Verzicht auf feste Streckenblöcke können Züge so dichter aufeinander auffahren und die Zugfolge damit erhöht werden. CBTC-Systeme kommen heute bereits weltweit bei modernen U-Bahn-Systemen zum Einsatz.

In Hamburg soll mittels CBTC zunächst der Automatisierungsgrad „GoA 2“ erreicht werden. Der Zugfahrer bleibt weiterhin an Bord und löst die Abfahrt aus. Außerdem ist der Fahrer auch für die Türsteuerung zuständig. Die Fahrt selbst wird von der Abfahrt bis zum Stillstand vollautomatisch durchgeführt, wobei der Fahrer die Verantwortung behält und jederzeit in die Steuerung eingreifen kann – zum Beispiel wegen Hindernissen im Gleis.

Die Streckenausrüstung und Stellwerkstechnik liefert die Firma SIEMENS. Zum Einsatz kommt das System Trainguard MT, das schon in der Praxis erprobt ist: Es ist z.B. in New York, London, Paris, Wien und Kopenhagen im Einsatz. Sechs Stellwerke entlang der Strecke müssen hochgerüstet werden.

Nur die 163 DT5-Fahrzeuge werden mit der CBTC-Technik ausgestattet. Neben Balisen und Fahrzeugantennen werden 11 Kilometer Kabel neu verlegt und zusätzliche Technik im Fahrgastraum (sichtbar wie unsichtbar) untergebracht. Auch im Fahrerraum wird neue Technik untergebracht. Derzeit sind bereits 38 Fahrzeuge umgerüstet, alle zwei Wochen kommen zwei weitere Fahrzeuge dazu. Die CBTC-Technik ist bis auf weiteres noch abgeschaltet. Aus wirtschaftlichen Gründen werden die älteren DT4-Fahrzeuge nicht mehr hochgerüstet.

Einer von zwei Technikschränken im DT5-Mittelwagen
Überarbeiteter DT5-Fahrerraum

GoA 2 wird bei der S-Bahn Hamburg seit 2021 mit vier Probezügen über ETCS Level 2 mit Signalen („Digitale S-Bahn Hamburg“) umgesetzt. Dort fahren die Züge jedoch wie bisher mit festen Blockabständen und nicht im Moving Block.

Wie sieht der Zeitplan aus?

In einem ersten Schritt wurde seit September 2022 das bestehende Testgleis an der U1 zwischen Farmsen und Berne mit der neuen Technik (zusätzlich) ausgerüstet. Fahrzeuge ohne CBTC-Ausrüstung können dort weiterhin fahren.

Zeitplan für die CBTC-Inbetriebnahme (zum Vergrößern klicken)

Im September 2024 begann die Ausrüstung der Strecke, zunächst auf der fünf Kilometer langen Strecke der Linie U4 zwischen Elbbrücken und Jungfernstieg. Ende 2026 soll hier erstmals ein Zug mit der neuen Sicherungstechnik mit Fahrgästen fahren. 2027 soll pünktlich zur Eröffnung der U4-Verlängerung der Abschnitt Christuskirche – Horner Rennbahn – Horner Geest folgen. Der letzte verbleibende Abschnitt Horner Rennbahn – Mümmelmannsberg folgt bis 2029. Parallel müssen die 900 Zugfahrer geschult werden.

Bis 2029 werden dafür insgesamt ca. 400 Balisen zur Ortung der Fahrzeuge im Gleis sowie ca. 250 Access Points zur Kommunikation zwischen Fahrzeug und Stellwerk montiert – für eine durchgehende Verbindung. Dafür müssen auch die Stellwerke hochgerüstet werden. Dabei wird die bestehende Zugsicherungstechnik um das CBTC-System ergänzt und nicht ersetzt: Es wird ein Mischbetrieb mit Fahrzeugen ohne CBTC-Ausrüstung möglich bleiben. Auch für die U4-Neubaustrecke Horner Rennbahn – Horner Geest ist eine CBTC-Ausrüstung der Fahrzeuge nicht zwingend erforderlich.

Neue Fahrzeugantenne am DT5
Eurobalise in der Haltestelle Elbbrücken

Die Linie U5 wird von der Eröffnung an mit einem CBTC-System ausgestattet. Die dort eingesetzten DT6-Fahrzeuge verfügen nicht mehr über Fahrerräume, sondern werden komplett autonom (Automatisierungsgrad GoA 4) verkehren.

Live-Demo am Simulator

Da die Strecke noch keine Live-Demo zulässt, haben HOCHBAHN und SIEMENS die Technik mit einem Fahrsimulator im Detail erklärt und vorgeführt.

Simulatorfahrt auf der U4 (Betriebsart SM-C)
U-Bahn-Simulator in der U-Bahn

Zu Beginn einer Fahrt unter der neuen Zugsicherung steht die halbautomatische Fahrt erst nach dem Passieren der zweiten Balise zur Verfügung, da der Zug zunächst ermitteln muss, wo er überhaupt ist. Sobald der Fahr- und Bremshebel in Nullstellung ist, kann der grün blinkende Startknopf gedrückt werden, sodass die halbautomatische Fahrt startet. Der gezeigte Simulator ist einem DT5-Fahrerraum nachempfunden, aber vereinfacht.

Blick auf das neue Fahrerdisplay in der Mitte (Simulatorfahrt in Betriebsart AM-C)

Die folgende Erklärung bezieht sich auf den aktuellen Softwarestand – die Darstellung ist noch nicht in allen Punkten final.

Links wird der Tacho angezeigt. Die angezeigte Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h wird ein DT5 nie erreichen – die Skala wird nach Angaben der Firma SIEMENS noch vor der finalen Inbetriebnahme entsprechend herabgesetzt. Im Feld unten links können Nachrichten angezeigt werden, wie zum Beginn einer Fahrt. Die rote Nadel zeigt die Geschwindigkeit an, bei der der Zug automatisch eine Zwangsbremsung auslöst. Die Anzeige AM-C weist auf den automatischen Betrieb hin. In der oberen Zeile kann auch „SM-C“ stehen, wenn der Zug signalgeführt von Hand gefahren wird (siehe Bild oben links). CM steht für den Kuppelmodus.

Übernimmt der Zugfahrer während des CBTC-Betriebs die Zugfahrt, wird ihm die empfohlene Geschwindigkeit mit einer gelben Nadel angezeigt. Nähert sich der Zug dem Ende seiner Fahrberechtigung (sogenannte Movement Authority), z.B. wegen eines vorausfahrenden Zuges, bewegen sich beide Nadeln der Bremskurven entsprechend in Richtung 0 km/h bzw. in Richtung der nächsten Zielgeschwindigkeit bei Geschwindigkeitswechseln.

Auf der rechten Hälfte wird oben die nächste Haltestelle mit dem Zielgleis angezeigt. Darunter wird die nächste Zielgeschwindigkeit angeben, in diesem Fall 0 km/h, da die Movement Authority in 730 Metern endet. Darunter wird angezeigt, wie weit der Fahrweg gesichert ist.

Die Verwandtschaft zum bei der Eisenbahn eingesetzten ETCS (European Train Control System) ist nicht zu übersehen. Bei dem hier eingesetzten System handelt es sich um etwas wie eine vereinfachte Version, da die Züge sich nur im eigenen Netz bewegen werden und daher die Anforderungen der EU für ETCS nicht eingehalten werden müssen.

Für das Projekt U-Bahn100 investiert die HOCHBAHN rund 200 Millionen Euro. Die Ausrüstung stammt von SIEMENS, der Umbau der Fahrzeuge erfolgt beim Hersteller ALSTOM in Salzgitter.

UITP Summit Hamburg 2025

DT5 Online berichtet vom UITP Summit 2025
Vom 15. bis 18. Juni 2025 richtet Hamburg den UITP Summit, den weltweit wichtigsten Mobilitätskongress für den ÖPNV, aus.

Alle Meldungen und Berichte vom UITP Summit finden Sie hier.