Heute vor 30 Jahren, am 23. Mai 1993, fuhr als EC 193 das erste Mal eine Doppeltraktion der liebevoll „Gumminase“ genannten DSB-Triebzüge der Baureihe MF von Kopenhagen über die Vogelfluglinie nach Hamburg. Nach dem Ende der Fährverbindung über Puttgarden Ende 2019 steht nun der Abschied aus Hamburg bevor: Die DSB hat den Einsatz „neuer“ Züge ab dem 17. Juni angekündigt.
Wie die Danske Statsbaner heute mitteilte, kommen ab dem 17. Juni tagsüber zwischen Hamburg und Kopenhagen lokbespannte Züge mit geliehenen deutschen Intercitywagen zum Einsatz. Gezogen werden die Züge von dänischen Vectron-Lokomotiven, die auch für den Betrieb in Deutschland ausgerüstet sind. Eine Lok wird sieben IC-Wagen ziehen, dann werden pro Fahrt rund 500 statt bislang rund 300 Sitzplätze angeboten. Auf den „Nachtzügen“ IC 398/399 werden erstmal weiter MF fahren.
Von den 95 gebauten dreiteiligen MF-Dieseltriebzügen können nur 17 Fahrzeuge in Deutschland eingesetzt werden. Hierfür erhielten sie nicht nur enger am Zug öffnende Türen, sondern auch deutschen Zugfunk und deutsche Zugsicherung (PZB). Doch weshalb ist eine Ablösung mit einer Übergangslösung nötig? Während in Deutschland die Digitalisierung der Eisenbahn nur schleppend vorankommt, ist der dänische Infrastrukturbetreiber Banedanmark seit mehreren Jahren dabei, das bestehende ATC-Zugsicherungssystem durch ETCS zu ersetzen. Seit April 2023 ist die Hauptstrecke Ringstedt – Køge Nord – Kopenhagen mit ERTMS („European Rail Traffic Management System“, umfasst ETCS als Zugsicherung) in Betrieb, die „deutschen“ MF-Züge müssen seitdem umgeleitet werden.
Von den MF-Zügen wurde bereits mehr als die Hälfte hochgerüstet, nun stehen auch die deutschlandtauglichen MF an. Nach ihrer Hochrüstung werden sie ihre deutsche PZB-Ausrüstung verlieren, da eine solche zuzulassende Zusatzausrüstung für eine nur kurze Restnutzungsdauer nicht in Frage kam. Langfristig sollen die dänisch-deutschen Züge mit Talgo-Niederflurwagen fahren, wie sie Deutsche Bahn ab 2024 als ICE L im Fernverkehr einsetzen will.
Nach der Umstellung der Kopenhagener Züge zum 17. Juni steht der endgültige Abschied aus Hamburg zum Beginn des Jahresfahrplans 2024 im Dezember an: Dann entfällt die direkte Verbindung zwischen Århus und Hamburg, dem zweiten Einsatzgebiet der deutschlandtauglichen MF-Triebzüge. Die Verbindung wird erst nach Aufnahme des elektrischen Betriebs zwischen Fredericia und Århus wieder angeboten werden. Ende 2024 endet aufgrund der fortschreitenden ERTMS-Hochrüstung auch der Einsatz der MF-Züge zwischen Fredericia und Flensburg, dann wird eine Epoche von etwas über 31 Jahren enden. Farvel!
Beitrag aktualisiert am 30.05.2023: Bild einer Probefahrt des neuen deutsch-dänischen IC ergänzt.