U-Bahn100: Testbetrieb gestartet

Am vergangenen Freitag lud die HOCHBAHN zu einer ersten Probefahrt mit einem für den Automatikbetrieb („U-Bahn100“) ausgerüsteten DT5 ein. Vertreter von HOCHBAHN, Siemens und Alstom erklärten die neue Technik.

Das Projekt: Automatikbetrieb für die Linien U2 und U4

Im November 2022 stellte die HOCHBAHN ihr Automatikprojekt „U-Bahn100“ erstmals der Presse vor. In zwei Stufen sollen die Linien U2 und U4 zwischen Christuskirche und Mümmelmannsberg bzw. Elbbrücken und Horner Geest mit der funkbasierten Zugbeeinflussung CBTC („Communication-Based Train Control“) ausgerüstet werden. Damit sollen Züge künftig durch die Kommunikation untereinander in variablen Sicherheitsabständen zueinander fahren.

Bislang liege der engstmögliche Regeltakt bei 150 Sekunden (= 20.000 Fahrgäste pro Stunde). Mit der neuen Technik soll er auf 100 Sekunden verdichtet werden können (= 30.000 Fahrgäste pro Stunde). Das entspricht vier Zügen der Linie U2 und zwei Zügen der Linie U4 zwischen Jungfernstieg und Horner Rennbahn pro zehn Minuten.

Ausrüstung der Strecke

Die Ausrüstung für die funkbasierte Zugbeeinflussung liefert Siemens. Hierfür werden in den Gleisen flache Balisen zur Zugortung montiert, wie man sie vom ETCS der S-Bahn Hamburg bereits kennt. An der Straße Bekassinenau entstand ein Test-Stellwerk für das CBTC-Projekt in Streckenmitte. Zur Kommunikation zwischen dem Stellwerk und den Fahrzeugen stehen in regelmäßigen Abständen Access Points am Gleis.

Streckenausrüstung für die funkbasierte Zugbeeinflussung – Grafik: HOCHBAHN

Ausrüstung der Fahrzeuge

Umbauten für die funkbasierte Zugbeeinflussung an den DT5-Fahrzeugen – Skizze: HOCHBAHN

Auch an den Fahrzeugen sind Umrüstungen erforderlich: Jedes Fahrzeug erhält zwei Bordcomputer, zwei Displays, zwei Balisenantennen, vier Kommunikationsantennen, elf Kilometer neue Kabel und rund 5.000 Kabelanschlusspunkte. Dazu kommen nötige Software-Updates. Im Mittelwagen entfallen zwei der vier Sitzbänke an den Wagenübergängen zugunsten nötiger Technik-Einbauräume.

DT5 420 mit zwei Antennen für die funkbasierte Zugbeeinflussung. Das Fahrzeug hat inzwischen eine zusätzliche Verblendung der Antennen erhalten, sodass sie wie eine breite aussieht.
Umgebauter Fahrerstand mit Diensthandy-Ladeschale (links), grünem Automatik-Startknopf und Fahrerdisplay. – Grafik: HOCHBAHN

Auf dem Fahrerbildschirm werden während der Fahrt unter funkbasierter Zugbeeinflussung sämtliche relevanten Daten angezeigt. Dazu zählen neben dem digitalen Tacho mit der aktuellen zulässigen Höchstgeschwindigkeit (rote Markierung) die nächste Station, der nächste Geschwindigkeitswechsel (Zielgeschwindigkeit und Distanz) sowie die Distanz bis zur Grenze der erlaubten Fahrt im Moving Block (bei ETCS etwa Ende der Movement Authority)

Fahrerdisplay im Automatikmodus – Grafik: HOCHBAHN

Nach dem Betätigen des grünen Startknopfes beschleunigt der U-Bahnzug entsprechend der jeweils aktuellen Vorgaben der funkbasierten Zugbeeinflussung und hält ohne Eingriff des Zugfahrers wieder an. Trotz (Teil-)Automatisierung der Linien U2 und U4 sollen weiter Zugfahrer jederzeit im Fahrerraum anwesend bleiben. Eine Vollautomatisierung, wie auf der U-Bahnlinie 5, ist nicht geplant. Die Zugfahrer sind an Bord weiterhin für den Fahrgastwechsel verantwortlich und müssen im Bedarfsfall auch eingreifen.

Wie geht es weiter?

Derzeit befindet sich das Projekt noch in der „Stufe 0“, der Erprobung auf dem Testgleis zwischen Farmsen und Berne. Hierfür sind nun sechs Fahrzeuge des Typs DT5 probeweise ausgerüstet worden. Diese Testfahrten sollen noch bis Ende 2023 andauern.

Entlang der Strecke müssen sechs Stellwerke von Siemens hochgerüstet werden: Die vorhandenen konventionellen Sicas ECC-Stellwerke werden um die CBTC-Lösung Siemens Trainguard MT erweitert.

Die 157 übrigen DT5-Fahrzeuge müssen ebenfalls hochgerüstet werden. Hierfür liefert Siemens die nötige Technik. Alstom als Hersteller der Züge übernimmt die Integration und Inbetriebsetzung der bereitgestellten CBTC-Systeme. Der Umbau soll im kommenden Jahr am Alstom-Standort in Salzgitter erfolgen. Die reine Hochrüstung soll zwei Wochen dauern. Die DT4-Fahrzeuge sollen aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr für die neue funkbasierte Zugbeeinflussung ausgerüstet werden.

Trainguard MT: Bereits erprobt

Bei Siemens Trainguard MT handelt es sich um das weltweit am häufigsten eingesetzte Zugsteuerungssystem, das z.B. auch in Paris, Peking, New York, London, Hong Kong oder Buenos Aires eingesetzt wird. CBTC führe zu weniger Störungen und einem stabileren Betrieb, wie Erfahrungen auf der Londoner Elizabeth Line oder der S-Bahn Kopenhagen zeigen würden.