Digitales Leitsystem für die S-Bahn

Gestern unterzeichneten die Stadt Hamburg, die Deutsche Bahn und Siemens Mobility die Kooperationsvereinbarung für die „Digitale S-Bahn Hamburg 2.0“. Nachdem zum ITS-Mobilitäskongress im Oktober 2021 der teilautomatisierte S-Bahnbetrieb zwischen Berliner Tor und Aumühle vorgestellt wurde, soll zum ÖPNV-Weltkongress 2025 (UITP) das nächste Digitalisierungsprojekt auf die Schiene gebracht werden.

Konkret geht es um ein digitales Leitsystem für die Digitalen S-Bahnen, von denen es bislang nur vier Triebzüge gibt. In wenigen Jahren werden es aber spürbar mehr: Die 64 zusätzlich bestellten Neufahrzeuge der Baureihe 490 werden ab Werk mit der digitalen Technik für den halbautomatischen Betrieb („ATO over ETCS“) ausgeliefert. Dazu kommt, dass die übrigen 21 Triebzüge der Baureihe 474.2 bis 2027 von Siemens nach dem Vorbild der vier „Prototypen“ hochgerüstet werden sollen. Damit wären dann bereits mindestens 89 der 256 S-Bahntriebzüge digitalisiert. Die Automatisierung und Digitalisierung der Züge sei ein Teil der gemeinsamen Vereinbarung zwischen Hamburg und dem Bund, Hamburg als Modellregion der Mobilität deutschlandweit zu etablieren, wie Verkehrssenator Anjes Tjarks (GRÜNE) erklärte.

Ziel des digitalen Leitsystems ist das Einsparen von Energie. Dabei würden zwei Ansätze miteinander verbunden: Mit der neuen Technik seien die Positionen aller Züge im Netz exakt bekannt, weshalb Rollphasen der Züge besser ausgenutzt und Halte auf freier Strecke verhindert werden könnten. Außerdem sollen die Lastspitzen im Stromverbrauch reduziert werden, indem vermieden wird, dass mehrere Züge im selben Streckenabschnitt gleichzeitig anfahren.

„Mit der Digitalen S‑Bahn Hamburg 2.0 gehen wir nun den nächsten Schritt und entwickeln und erproben weltweit neuartige Funktionen für höchste Energieeffizienz.“

Michael Peter, CEO von Siemens Mobility

Testweise werde das neue Leitsystem erstmals zum UITP-Kongress 2025 in Hamburg zum Einsatz kommen. Mit ihm soll der Energieverbrauch der Züge künftig um bis zu 30% gesenkt werden. Diese Zahl macht Dr. Kristan Weiland von der Digitalen Schiene Deutschland greifbar:

„Gemessen am aktuellen Energiebedarf der S-Bahn Hamburg würden wir allein in der Hansestadt den Energiebedarf von 10.000 Haushalten im Jahr einsparen. Wir entwickeln hier bei der S-Bahn Hamburg die Technik, die später bundesweit zum Einsatz kommen soll.“

Dr. Kristian Weiland, Leiter Entwicklung Digitale Schiene Deutschland

Daneben soll das Projekt auch eine Studie erstellen, die das Potenzial von Energierückspeisung durch Wechselrichter in das öffentliche Stromnetz untersucht. Bislang kann die beim Bremsen zurückgespeiste Energie nur „bahnintern“ genutzt werden.

Seit September 2022 verkehren die digitalen S-Bahnzüge montags bis freitags regulär auf der Verstärkerlinie S2 – „sehr erfolgreich“ wie Kay-Uwe Arnecke, Geschäftsführer der S-Bahn Hamburg erklärte. Nach diesem ersten Schritt könnten nun weitere Voraussetzungen für einen effizienten und energiesparenden digitalen S-Bahnbetrieb der Zukunft geschaffen werden. Bis Ende des Jahrzehnts solle auch der Citybereich der S-Bahn mit der digitalen Technik ausgerüstet werden.

Weitere Informationen zum halbautomatischen ATO over ETCS-Betrieb und die Einsatzzeiten der Digitalen S-Bahnzüge finden Sie hier.

Titelbild v.l.n.r.: Michael Peter, CEO Siemens Mobility; Dr. Anjes Tjarks, Hamburgs Senator für Verkehr und Mobilitätswende; Kay Arnecke, Geschäftsführer S-Bahn Hamburg; Dr. Kristian Weiland, DB-Leiter Entwicklung Digitale Schiene Deutschland bei der Unterzeichnung der Verträge in Hammerbrook – Foto: DB AG / Dominic Dupont