U5 hält nicht am Jungfernstieg

Es zeichnete sich bereits ab – jetzt ist es offiziell: Der U5-Halt am Jungfernstieg entfällt. Vor dem Hintergrund neuer Rahmenbedingungen und neuer belastbarer Verkehrsmodelle wurde die Linienführung im Innenstadtbereich überprüft und optimiert. Das teilten der Senat und die HOCHBAHN heute gemeinsam mit.

Demnach soll die Linie U5 vom Hauptbahnhof Nord direkt zum Stephansplatz geführt werden – mit bahnsteiggleichen Übergängen zur U2/U4 bzw. U1 an beiden Haltestellen. Diese Linienführung würde zu einem größeren Nutzen für Fahrgäste und rund 130 Millionen Euro niedrigere Baukosten führen.

Zwei umsteigefreie Verbindungen in der Innenstadt – Grafik: HOCHBAHN

Der U5-Halt am Jungfernstieg sei seit der Vorentwurfsplanung im Jahr 2020 Bestandteil der Untersuchungen gewesen. In den vergangenen Jahren sei die Linie kontinuierlich weitergeplant und auf Optimierungspotentiale geprüft worden, um die verkehrlich und betrieblich sinnvollste und zugleich baulich umsetzbare Lösung zu finden.

„Es gehört zu einer seriösen, soliden Planung, dass während des Planungsprozesses fortlaufend neue Rahmenbedingungen und Erkenntnisse abgeglichen und aufgenommen werden, um am Ende das beste Ergebnis für die U5, Hamburg und die Fahrgäste herausholen zu können. Genau das hat die Hochbahn gemacht und es ist eine ihrer großen Stärken, bei so einem Großprojekt im laufenden Planungsprozess beständig weitreichende Optimierungen vornehmen zu können. Insofern entstehend auch keine zusätzlichen Planungskosten. Die U5 ist nach wie vor im Zeit- und Kostenplan.“

Anjes Tjarks (GRÜNE) – Senator für Verkehr und Mobilitätswende

Halt am Jungfernstieg verzichtbar

Belastbare Verkehrsmodelle zeigen demnach: Durch die höhere Taktung der Linien U2 und U4 am Hauptbahnhof Nord mit sechs Zügen pro 10 Minute (alle 100 Sekunden ein Zug – „U-Bahn 100“) sowie den vollautomatischen Betrieb auf der Linie U5 könne zur Abwicklung des Fahrgastaufkommens auf den Zusatzhalt Jungfernstieg verzichtet werden. Das Verkehrsmodell bestätige die frühere Annahme, dass der Halt Hauptbahnhof Nord 22.000 Fahrgäste stündlich sicher abwickeln könne. Die Auswirkungen des Halts Jungfernstieg zeigt die folgende Tabelle mit den prognostizierten Fahrgastzahlen am Hauptbahnhof Nord:

Planung 2020Planung 2024
mit Jungfernstieg21.000 stündlich17.500 stündlich
ohne Jungfernstieg24.000 stündlich21.000 stündlich

Das Modell gehe von bis zu 21.000 Fahrgästen stündlich in der Kombihaltestelle aus, wenn zugleich ein bahnsteiggleicher Umstieg am Stephansplatz realisiert werde. Sowohl die Bahnsteige als auch Zugangsanlagen könnten außerdem so optimiert werden, dass sich die Fahrgäste besser vor Ort verteilen könnten.

U1/U5-Kombihaltestelle am Stephansplatz

Back to the roots: Die ursprünglichen Pläne sahen einen bahnsteiggleichen Übergang zwischen U1 und U5 am Stephansplatz vor – diese Lösung wird nun (wieder) weiterverfolgt. Zugleich entsteht mit einem direkteren Zugang zum S-, Regional- und Fernbahnhof Dammtor ein neuer Knotenpunkt für Hamburg. Die Haltestelle wird etwas in Richtung Nordwesten verschoben.

Lageplan der neuen U1/U5-Haltestelle Stephansplatz – Grafik: HOCHBAHN

So werde nicht nur die Anbindung der U1 an den Dammtorbahnhof verbessert, sondern auch eine weitere zentrale Umsteigehaltestelle in der Innenstadt geschaffen, die Fahrgastströme entzerren soll. Es werde mit rund 29.000 Umsteigenden zwischen Stephansplatz und Dammtor gerechnet. Damit solle besonders der Hauptbahnhof entlastet werden. Mit einer gemeinsamen U1/U5-Haltestelle Stephansplatz steige die Anzahl an Umsteigern gegenüber der zuletzt geplanten getrennten Haltestellenlage von 8.500 auf 20.000 Umsteiger täglich.

Die neue Linienführung bringe weitere Vorteile mit sich: So reduziere sich die Planungs- und Bauzeit. Der komplizierte bauliche Eingriff am Jungfernstieg in die Binnenalster sowie den U- und S-Bahnbetrieb kann entfallen. Klar ist aber: Sowohl am Hauptbahnhof Nord als auch Stephansplatz wird es zwei für Fahrgäste deutlich spürbare langwierige Betriebsunterbrechungen geben müssen.

Im Rahmen der Entwurfsplanung stehe die Minimierung der Eingriffe durch Optimierungen der Haltestellenlage im Vordergrund. Darüber hinaus stünden der Schutz des japanischen Landschaftsgartens unter Berücksichtigung des Denkmalschutzes bei Planten un Blomen im Fokus.

Mehr Fahrgäste – kürzere Reisezeiten

Die Neuberechnungen im Rahmen der Vorentwurfsplanung liefern auch insgesamt neue Zahlen: Die HOCHBAHN rechnet demnach mit nun 315.000 Fahrgästen auf der U5 jeden Tag – bisher war man von 270.000 Fahrgästen ausgegangen. Diese Zahlen werden immer wieder besonders von den Projektgegnern und den Oppositionsparteien angezweifelt (etwa: „Mit den angenommenen Zahlen Bramfeld wäre mittags menschenleer“). Am Hauptbahnhof Nord geht die HOCHBAHN mit dem neuen Verkehrsmodell von täglich 131.000 Ein-, Aus- und Umsteigenden aus, am Stephansplatz von 69.000. Im Querschnitt Stephansplatz – Hauptbahnhof werde mit 104.000 Durchfahrenden gerechnet.

Für viele Fahrgäste dürften sich Reisezeiten verkürzen, so z.B. auch für Fahrgäste der nordwestlichen U1 zum Hauptbahnhof – was neben dem Parallelverkehr mit der S- und Regionalbahn sicher auch zum Anstieg der Fahrgastzahlen und gleichzeitigen Entlastung anderer Linien beitragen dürfte. Beispielsweise würden sich Fahrzeiten wie folgt verkürzen:

RelationReisezeit Vorplanung
mit Jungfernstieg
Reisezeit „Schnelle Sekante“
ohne Jungfernstieg
U5 Grindelberg <-> Alsterhaus9 Minuten Wegzeit7 Minuten Wegzeit (- 22%)
U5 UK Eppendorf <-> Rathausmarkt16 Minuten Wegzeit14 Minuten Wegzeit (- 13%)
U2 Billstedt <-> U5 Universität18 Minuten Fahrzeit17 Minuten (- 6%)
U1 Hallerstraße <-> U5 St. Georg10 Minuten Fahrzeit6 Minuten (- 40%)
Die Angabe „Wegzeit“ meint die Fahrzeit inklusive der Fußwege (Gehgeschwindigkeit: 1,5 m/s zzgl. Verlangsamung an Fahr- und Festtreppen), die aufgrund der Tiefenlage der U5-Haltestelle Jungfernstieg höher sind. Die Angabe „Fahrzeit“ meint die reine Fahrzeit zwischen den beiden Haltestellen mit zeitgleichen und bahnsteiggleichen Anschluss.

Nutzen-Kosten-Faktor leicht verbessert

Durch die Änderungen sowohl auf der Kosten- als auch Nutzenseite steige nach Angaben der HOCHBAHN auch der Nutzen-Kosten-Faktor von zunächst 1,23 auf 1,27. Erreicht werde dies durch folgende Veränderungen:

Nutzen und KostenVeränderung gegenüber Vorplanung
Verkehrsverlagerung (Personenfahrten pro Werktag)+ 0,50 %
Eingesparte Pkw-Betriebsleistung (Pkw-km pro Jahr)+ 2,90 %
eingesparte CO2-Emissionen im Betrieb (t pro Jahr)+ 7,40 %
Unterhaltungskosten Infrastruktur (€ pro Jahr)– 3,40 %
Reduzierung Infrastrukturkosten (Minderkosten Jungfernstieg + Mehrkosten Stephansplatz)– 130 Mio. €

Nur Projekte mit einem Faktor von über 1,00 können nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) vom Bund gefördert werden. Der Bund wird die U5 mit bis zu 75% der förderfähigen Kosten fördern.

Bei der derzeit laufenden Entwurfsplanung werde auch der übrige Teil der U5 Mitte einer vertieften Planung von Haltestellen und Trasse unterzogen. Wie im Jahresausblick vergangene Woche angekündigt sollen in diesem Jahr hierzu nochmal 100 Probebohrungen stattfinden. Die Genehmigungsplanung soll abschnittsweise erfolgen, die Fertigstellung der gesamten U5 wird immernoch (wohl ambitioniert) mit 2040 angegeben.

Titelbild: U5 in Bramfeld – Visualisierung HOCHBAHN