Eine Woche nach dem Vorbestellstart zieht der Hamburger Verkehrsverbund eine erste Bilanz. Rund 1.370 Personen hätten das neue deutschlandweit gültige 49 Euro-Abo bereits vorbestellt, obwohl noch nicht alle Details endgültig feststehen. So auch nicht der Starttermin, jedenfalls der 1. Januar 2023 könne es laut Verkehrssenator Anjes Tjarks nicht mehr werden.
Zum Start des Deutschlandtickets würden alle teureren Abo-Preise bei Bestandskunden automatisch auf den Preis von 49 Euro herabgesetzt – die Kunden müssten nicht tätig werden. Das werde im hvv rund 70 Abo-Tarifsorten betreffen, die durch das neue Deutschlandticket ersetzt würden, so hvv Geschäftsführerin Anna-Theresa Korbutt.
Verkehrssenator Anjes Tjarks betonte nochmals, dass die Einführung des Deutschlandtickets ein sehr großer Hebel für eine erfolgreiche Mobilitätswende in Hamburg sei. Das 9 Euro-Ticket im Sommer habe bereits zu einigen Verkehrsverlagerungen geführt: 19% der Fahrten mit dem Nahverkehr wären ohne 9 Euro-Ticket mit einem anderen Verkehrsträger unternommen worden. Mit 12% würde der Umstieg vom Auto in den Nahverkehr den Großteil davon darstellen. Das 9 Euro-Ticket wurde im Sommer rund 3,5 Millionen Mal im hvv verkauft, etwa die Hälfte davon über die digitalen Vertriebswege. Fast jeder zweite Fahrgast nutzte es. Untersuchungen ergaben, dass es an durchschnittlich 12 Tagen im Monat genutzt worden sei.
Daneben sei das Deutschlandticket auch ein großer Beitrag für den Klimaschutz und entlaste die Fahrgäste finanziell: Zuletzt sei ein Abo für den Bereich Hamburg AB im Jahr 1993 so günstig wie mit dem Deutschlandticket, damals waren es umgerechnet 49,54 Euro. Seitdem sei das Angebot allein im hvv verdoppelt worden. Das neue Abo werde deutschlandweit im Nahverkehr gültig sein und als digitales Jahresabo konzipiert, das aber monatlich kündbar sei. Der Sozialrabatt, der derzeit 23 Euro beträgt, wird auf 24,80 Euro erhöht und werde auch für das Deutschlandticket gelten.
Auch das ProfiTicket-System werde in diesem Zuge umgestellt: Es seien neue Arbeitgeber-Angebote in Planung, bei denen es keine Mindestabnahmemengen mehr geben soll – bislang liegt die Schwelle bei 20. Der Preis von 49 Euro soll beim ProfiTicket weiterhin vom Arbeitgeber bezuschusst werden, wodurch der Preis für den Arbeitnehmer auf 34 Euro oder weniger sinken würde. Die Tarifbestimmungen müssten insgesamt noch mit den anderen Verbünden abgestimmt werden. Sicher sei aber bereits: Die bestehenden Mitnahmeregeln sollen entfallen.
Aktuell seien die digitalen Vertriebswege in Vorbereitung. Das Deutschlandticket soll auf Wunsch des Bundesverkehrsministers ausschließlich digital angeboten werden. Das bedeutet im hvv konkret: Über die hvv App. Die Anzeige des Tickets soll auch über die Wallet-Funktionen der Smartphones möglich werden. Eine weitere Bereinigung des restlichen Abo-Bereichs soll im Nachgang erfolgen.
In der App ließe sich das Abo auch pausieren, so Korbutt. Aber auch Fahrgäste ohne Smartphones könnten das Ticket nutzen: Hierfür würden Chipkarten genutzt werden. Fahrgäste, die kein Konto haben oder ihre Daten aus Datenschutzgründen nicht mitteilen wollen, sondern lieber anonym bleiben wollen, würden das Ticket nicht kaufen können. Hier werde es im hvv Gebiet eine eigene Alternative geben, die nicht deutschlandweit gelten wird. Das sei aber erst in Planung.
Ob das Ticket immer zum Monatsersten, oder auch im laufenden Monat beginnen kann, sei noch in der Diskussion. Hamburg setze sich hier für eine möglichst flexible Lösung ein, so Tjarks. Das Check-in/be out-System hvv any werde weiterhin nur 24 Stunden-Bestpreise bieten und nicht automatisch bei 49 Euro den Fahrpreis kappen. Hintergrund: Das Deutschlandticket sei ein Abo und keine einfache Monatskarte. Ein Starttermin könne Tjarks auch hier nicht nennen, da die IT-Kapazitäten aktuell beim Projekt Deutschlandticket gebunden seien. Allerdings werde wohl auch die Relevanz von hvv any abnehmen, da von weniger Fahrten ohne Abo ausgegangen werde.
Einen Starttermin für das Deutschlandticket wollte der Verkehrssenator heute nicht nennen. Er verwies aber darauf, dass noch zwei Bundesgesetze erlassen werden müssen: Die Regionalisierungsmittel sollen um 1 Milliarde Euro angehoben werden, das werde den Bundesrat und Bundestag wohl noch in diesem Jahr durchlaufen. Das Gesetz zur Finanzierung in Höhe von 1,5 Milliarden Euro durch den Bund werde das aber erst voraussichtlich im kommenden Jahr schaffen. Das bedeutet: Ein Start am 1. Januar 2023 werde nicht möglich sein, da die Finanzierung eben Voraussetzung für die Einführung ist. hvv Geschäftsführerin Korbutt schätzt, dass das Deutschlandticket trotzdem noch im ersten Quartal starten könnte. Hamburg sei bereits jetzt bereit.
Das Deutschlandticket koste verglichen mit dem Bezugsjahr 2019 125 Millionen Euro mehr, so Tjarks. Auf Hamburg entfielen Mehrkosten in Höhe von 103 Millionen Euro. Zusammen mit den Einbußen durch die Corona-Pandemie würde eine Finanzierungslücke von 240 Millionen Euro entstehen, die aus den zusätzlichen Finanzierungspaketen zu stopfen seien.