VET: Machbarkeitsuntersuchung beantwortet nicht alle Fragen

Bereits Ende März wurden die machbaren Strecken des geplanten Verbindungsbahnentlastungstunnels der Presse und im Verkehrsausschuss vorgestellt. Nun wurde Anfang Mai wie zugesagt die Machbarkeitsuntersuchung im Transparenzportal veröffentlicht. Mit zwei Haken: Ein Verkehrschaos wird unvermeidbar, und entscheidende Stellen sind geschwärzt.

Haltestelle für die Neue Mitte Altona

Der im März bislang unerwähnte Halt in der Neuen Mitte Altona wird erwartungsgemäß in der Machbarkeitsuntersuchung etwas näher vorgestellt. Aufgrund von unterschiedlichen Höhenprofilen sei eine Station mit Mittelbahnsteigen nicht machbar. Stattdessen sollen zwei Seitenbahnsteige auf der Innenbogenseite in unterschiedlicher Höhenlage versetzt zueinander entstehen. An den beiden Enden sind Zugänge vorgesehen, ebenso ein dritter in der Mitte. Weitere machbare Möglichkeiten seien nicht gefunden worden.

Drahtseilakt am Hauptbahnhof

Es zeichnete sich bereits ab, dass der Bau eines weiteren Tunnelbahnsteigs am Hauptbahnhof komplex werden dürfte. Die Machbarkeitsuntersuchung zeigt nun die nötigen baulichen Eingriffe ins bestehende Umfeld.

Die Studie geht davon aus, dass für die Haltestelle das Zugangsbauwerk der U1/U3-Station Hauptbahnhof Süd abgebrochen und etwas schmaler neu gebaut werden muss. Die VET-Station Hauptbahnhof dürfte etwa bis zur Fassade der heute S-Bahnseitig vorhandenen Ladengeschäfte reichen. Zusätzlich müssten Technikräume verlegt werden. Für einen Zeitraum von vier Jahren sei das heutige Gleis 1 für den Verkehr zu sperren, wochenweise auch mal Gleis 2.

Jahrelange Einschränkungen auf der City-S-Bahn

Als wäre das nicht genug: Für den Anschluss des VET an den Hauptbahnhof sind auch Anpassungsarbeiten am Citytunnel nötig. Geplant sind dabei drei Bauphasen zu je 40 Monaten. Die erste Bauphase umfasst die Arbeiten, die den laufenden S-Bahnverkehr nicht einschränken. Anschließend sind beide Tunnelröhren des Citytunnels nacheinander voll zu sperren. Das bedeutet, dass über einen Zeitraum von 80 Monaten ein maximal eingleisiger Betrieb zwischen Jungfernstieg und Hauptbahnhof möglich sein wird. Daneben werden auch am Bahnsteig immer wieder Gleise gesperrt werden müssen. Ein Ersatzkonzept gebe es noch nicht, wie der Senat in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (LINKE, Drs. 22/11867) erklärte.

Dauerbaustelle Diebsteich

Nicht nur für den Citytunnel, auch für den gerade in Bau befindlichen Bahnhof Altona (Diebsteich) hat das Projekt weitreichende Folgen. Aktuell wird dort bis Oktober 2023, aktuellen Blicken aus den Fenstern der durchfahrenden S-Bahnen zufolge wohl länger, der S-Bahnsteig neu gebaut. Schon wenige Jahre nach seiner Fertigstellung sollen die bislang zwei S-Bahngleise im oberirdischen Bahnhof durch vier unterirdische samt zweigleisiger Abstellanlage ersetzt werden. Die Realisierung dieser Variante berührt allerdings auch den Bau des Empfangsgebäudes, unter dem der neue S-Bahnhof liegen würde.

Für den Bau des Empfangsgebäudes hat sich die Stadt im entsprechenden Vertrag ein Rücktrittsrecht offen gehalten, was bislang aber nicht ausgeübt wird. Derzeit würden laut Senat Gespräche mit dem Investoren stattfinden, um eine Lösung zu finden.

Erste Schätzungen zur Bauzeit

Auch wenn derzeit niemand einen Baubeginn ernsthaft terminieren kann, da ja noch weitere Planungen und ein Planfeststellungsverfahren nötig sind, sind nun erstmals belastbare Bauzeiten in der Machbarkeitsuntersuchung genannt worden. Je nach Trassenvariante wird der Bau 10 Jahre und 10 Monate bis 11 Jahre und 5 Monate dauern. Doch diese Zahlen sind mit Vorsicht zu genießen, wie die Studie selbst sagt:

Mögliche Verzögerungen durch betriebliche Vorgaben können in der aktuellen Planungsphase nicht im Detail erfasst werden. Die dargestellten Bauzeiten müssen somit als optimistisch und ohne Einschränkungen durch den Betrieb verstanden werden.

BIM-MBS VET Hamburg, Erläuterungsbericht, Seite 292

In weiteren Planungsphasen sei daher mit der S-Bahn eine weitere Bauzeitanalyse vorzunehmen, um alle betrieblichen Rahmenbedingungen zu integrieren.

Streng geheim: Die Baukosten

Die 381 Seiten lange Machbarkeitsuntersuchung lässt kaum Fragen offen. Außer eben die Gretchenfrage, was der VET denn am Ende kosten soll. Im Transparenzportal sind die Baukosten der einzelnen Trassenvarianten geschwärzt. Auch im März wollte der Senat keine Zahlen nennen, nicht einmal Größenordnungen. Das dürfte sich so schnell auch nicht ändern, wie der Senat in Drs. 22/11867 erklärt.

Die aktuelle geopolitische Situation gebietet ein hohes Maß an Zurückhaltung bei Kostenprognosen für Infrastrukturprojekte. Ziel der weiteren Planungen wird die Ermittlung einer verlässlichen Kostenprognose sein.

Senatsantwort in der Drs. 22/11867

Abgesehen davon dürften die Zahlen als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse geschwärzt werden. Bei der ersten Vorstellung des VET war von noch 2,66 Milliarden Euro die Rede, das dürfte aber längst überholt sein. Die selbe nichts sagende Strategie verfolgt der Senat auch bei der U5, bei der die Baukosten für den ersten Bauabschnitt sich bereits jetzt deutlich erhöht haben: Von bislang 1,7 Milliarden Euro steigen die Kosten für die ersten sieben Kilometer auf 2,8 Milliarden Euro, ohne dass bislang auch nur ein Meter Tunnel gebaut wurde – Ende also noch offen.

Bürgerbeteiligung läuft schleppend an

Wie aus einer weiteren Schriftlichen Kleinen Anfrage der Abgeordneten Heike Sudmann (LINKE, Drs. 22/11749) hervorgeht, sind die Auftaktveranstaltungen der Bürgerbeteiligung eher von der Öffentlichkeit unbemerkt geblieben. Bei der ersten Infoveranstaltung hätten nur drei Gäste teilgenommen, bei der zweiten immerhin 16.

Die nächste Veranstaltung findet am kommendem Mittwoch, dem 24. Mai ab 18:30 Uhr im Museum für Kunst und Gewerbe statt.

Weiterführende Links

Wer einen eigenen Blick in die Machbarkeitsuntersuchung werfen möchte, kann dies über das Transparenzportal tun. Dort ist der Erläuterungsbericht in fünf Teilen veröffentlicht (externe Links):

Die Schriftlichen Kleinen Anfragen sind über die Parlamentsdatenbank Parldok abrufbar:

DT5 Online berichtete bereits am 23. März 2023 über die Planungen im Detail.